Sonntag, 30. März 2014

Die großzügigsten Menschen der Welt...

...sind die, bei denen ich die letzten zwei Wochen verbracht habe. Meine Gastfamilie hatte zwar nicht viel Geld, aber trotzdem den Wunsch, mir unendlich viel zu geben. In den Tagen, die ich bei ihnen war, habe ich Tagebuch geschrieben, und ihr dürft ein wenig davon lesen:
"Es gibt doch so viele Arten, sein Leben zu leben! Eigentlich ist mir schon meine Familie in Ipoh wie der heftigste Unterschied zu Zuhause vorgekommen, doch dann bin ich hierher gekommen. Hier heiraten die Mädchen zwischen 15 und 20 und überall rennen Kinder durch die Gegend, viele haben kaputte Zähne, kleine Hautflechten und verklebte Schnupfennasen. Obwohl ich nicht wie andere in einem Bach im Dschungel duschen muss, war es doch das Lebensbejahendste was ich je getan habe, als ich mir mit eiskaltem Wasser die Haare gewaschen habe. Gestern beim Jungle-Tracking bin ich zweimal fast seitlich ins Gestrüpp gefallen, trotz fester Schuhe, Wanderstock und Schneckentempo, während die kleinen Kinder in Flipflops den Berg runtergerannt sind und das obwohl es in Strömen geregnet hat. Es war aber trotzdem wunderschön, von oben auf einer kleinen Lichtung über die anderen Dschungelberge zu schauen und weißen Nebel aus den Tälern aufsteigen zu sehen"
Ein kleines Dorf, zwischen Dschungel und Teeplantagen, etwa 70-80 Häuser, 500 Menschen, davon mindestens 400 unter 10 und keiner über 65 Jahre alt. Überall stehen kleine Holztürmchen mit schwarzen Auffangbecken, in denen das Regenwasser fürs duschen und kochen gesammelt wird und dazwischen sitzen hellbraune Hunde, Katzen und Hühner unter langen Wäscheleinen mit bunten Sarongs und Tshirts in leuchtenden Farben. Dort saß ich mit 14 anderen Austauschschülern auf dem Boden, entweder am lästern oder am Geschichten austauschen oder einfach nur mit einer Gitarre seltsame Lieder erfinden.
"Wenn die Sonne gerade erst aufgegangen ist, die Berge in der Ferne im Dunst verschwinden und der Himmel in einem strahlenden Blau zu leuchten anfängt, ist der Morgen einfach traumhaft schön! Nachdem es die letzten Tage nur geregnet hat, leuchtet der Dschungel jetzt in sattem Grün, und der Geruch unter den Bäumen ist einfach berauschend: nass, nach feuchter Erde und der guten Luft und süßlich nach Harz. Und dazwischen die Orang Asli, mit ihrer brauen Haut und den von harter Arbeit gezeichneten Körpern, die mit ihren Babys spielen oder im Kreis um ein Feuer sitzen."
Zwei Wochen lang sind wir in diese Blase aus Nichtstun getrieben, wussten morgens noch nicht was wir abends vorhaben, sind doch alle früher oder später in einem Haus gelandet und haben zusammen ferngesehen, mit unseren Gastfamilien gegessen, versucht mit ihnen Malay zu reden, und sind die ganze Zeit in Sarongs durch die Gegend gelaufen. Unser größtes Problem war die Gastschwester von zwei Mädchen im Nachbarhaus, ein Mädchen mit einem Engelsgesicht, süßen Zöpfen, einer total niedlichen Stupsnase und einem Drang dazu, ihre Katze zu missbrauchen und uns zu schlagen.
"Hier auf dem Boden zu frühstücken, im Schneidersitz mit dem Rücken an die Wand gelehnt, während die Sonne durch die offene Sperrholztür hereinscheint oder einfach random zu bemerken, wie sehr ich mich schon ans Sarongtragen gewöhnt habe, bringt mich ins Grübeln, wie viel Luxus denn wirklich notwendig ist. Im Dorf gibt es genau eine asphaltierte Straße, alles andere sind ausgetretene Pfade, die zwischen den Häusern entlang führen. Keine Privatwege oder lange Einfahrten, wer ein Auto hat, parkt es entweder unter dem Vordach vor der Haustüre oder in einem Wellblechverschlag. Unser Haus hier besteht aus Holz, Stein und Wellblech und das ist genug. Natürlich hat man innen die gleichen Temperaturen wie außen, aber da muss man dann eben einen Pullover anziehen. Mir geht das Herz auf, wenn ich meinen kleinen Gastbruder sehe, der mit 13 Jahren die Rolle als Mann im Haus übernimmt. Wenn ich abends lange bei einem von den anderen AFSern zuhause bin, kommt er mich abholen damit ich nicht allen durch die Dunkelheit gehen muss."
Es war wirklich wunderschön, trotzdem ist es auch toll wieder in Ipoh zu sein. Mittlerweile ist es echt nicht mehr viel Zeit, 2 Monate und ein paar Tage und ich möchte bei meiner Gastfamilie sein. Verrückt, wie man auf einmal in "krass, es sind nur noch.." und nicht mehr in "wow, es sind schon.." zählt...

Jetzt werde ich noch mit meinem Artikel für unser AFS Jahrbuch kämpfen und dafür morgen Schule schwänzen (hihi). Auf jeden Fall bin ich im Moment sprachlos vor Dankbarkeit für alle, durch die das hier einmalig geworden ist.

Alles Liebe,
Edda

1 Kommentar:

  1. hallo edda,
    wenn man hier so liest, was du so alles erlebst, dann fühl ich mich hier in Spanien total gelangweilt. deine Geschichten sind einfach total spannend und super geschrieben. manchmal denke ich auch beim lesen, warum ich kein anderes Land gewählt hab. aber wenn man dann noch mal darüber nachdenkt, dann gibt es in jedem Land tolle sachen zu entdecken und zu machen.
    Also dann ganz herzlichst aus spanien. deine mit AFSerin Emma

    AntwortenLöschen